Erfolgsmodell: Online-Beratung im SKM Rheydt
Im Jahr 2021 wurde die Online-Beratung schrittweise für verschiedene Fachbereiche des SKM Rheydt implementiert. Berater und Beraterinnen ziehen ein erstes Fazit und berichten von Chancen und Herausforderungen aus dem Online-Beratungsalltag.
Seit Februar 2021 steht hilfesuchenden Menschen ein neuer digitaler Zugangsweg zu den Beratungen des SKM Rheydt offen. Mithilfe der Online-Beratungsplattform des Deutschen Caritasverbandes können sie sich nun in den Bereichen
- Jungen- und Männerberatung
- Sozial- und Lebensberatung für Zugewanderte
- Allgemeine Sozialberatung
- Rechtliche Betreuung und Vorsorge
kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym via Chatnachrichten beraten lassen.
Der SKM Rheydt, der sich seit über neunzig Jahren für die Belange benachteiligter Menschen, insbesondere in der Wohnungslosenhilfe, einsetzt, beschreitet damit neue digitale Wege.
Ausschlaggebend war hierfür die Corona-Pandemie mit ihren Kontaktverboten, die für die soziale Arbeit flächendeckend schwerwiegende Konsequenzen hatte. Schnell mussten alternative Methoden und Werkzeuge gefunden werden, um Hilfebedürftigen weiterhin zu erreichen und als Anlaufstelle zur Verfügung stehen zu können. Der SKM Rheydt als Fachverband der Deutschen Caritas setzte hierzu unter anderem auf die neue Online-Beratungsplattform der Caritas. Gefördert wurde die Digitalisierung des Vereins durch Projektmittel der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW.
Die Vorteile werden schnell deutlich: Hilfesuchende können jederzeit ortsunabhängig über die Plattform vertraulich ihr Problem schildern. Notwendig ist hierzu lediglich eine kurze Registrierung, die auf Wunsch auch anonym geschehen kann. Via Angabe der Postleitzahl werden Hilfesuchende automatisch dem Einzugsgebiet des SKM Rheydt zugeordnet. Mögliche Hürden wie Terminfindung, Anfahrt, Kinderbetreuung etc. entfallen hierdurch zunächst. Das Beratungsteam antwortet garantiert innerhalb von 48 Stunden (an Werktagen).
Der Zustrom in der Jungen- und Männerberatung ist besonders hoch. Als Begründung gibt Dipl.-Sozialarbeiter Christoph Föhles an, dass das „starke Geschlecht“ sich mit einer starken Tabuisierung konfrontiert sieht. Sich Fehler einzugestehen, Hilfe zu benötigen, Schwäche zu zeigen ist für viele Menschen immer noch schlichtweg unvereinbar mit dem verinnerlichten Männlichkeitsbild. Hilfesuchende Männer stehen dadurch oft doppelt unter Druck. Die anonyme Beratung per Onlinechat kann hier ein langersehntes Ventil bieten.
Scham spielt auch bei Fragen der materiellen Existenzsicherung, wie sie oft im Rahmen der Allgemeinen Sozialberatung aufkommen, eine große Rolle. Dipl.-Sozialarbeiterin Sigrid Arroyo sieht sich aber noch mit ganz anderen Themen konfrontiert: „Allgemeine Sozialberatung ist häufig auch Weitervermittlung zu anderen Fachberatungsstellen. Die Menschen haben nur selten ein einziges Problem, sondern landen bei mir mit einem ganzen Paket, das komplex und verworren ist. Ich helfe meinen Klientinnen und Klienten dann dabei, die Baustellen zu ordnen und in kleinere Stücke aufzuteilen, die man dann Schritt für Schritt gemeinsam abarbeitet.“
Einen Überblick verschaffen kann man sich via Online-Beratung nun auch zu den Themen Rechtliche Betreuung und Vorsorge, hinter der für den SKM Rheydt Sozialarbeiter Andreas Hesse steckt. Die Unsicherheit in Bezug auf Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung ist unter den Menschen nach wie vor groß. Sogar das Schreckgespenst Entmündigung schwirrt noch in manchen Köpfen umher, obwohl dieses gerichtliche Verfahren seit 30 Jahren abgeschafft ist. Insbesondere ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen und Betreuer können sich vom Betreuungsverein des SKM Rheydt umfangreich zum Dschungel der Sozialgesetzbücher und vielem mehr beraten lassen.
Aktuell steht die Beratungsplattform nur auf Deutsch zur Verfügung. „Ein Umstand, der sich hoffentlich bald ändert“, wünscht sich Migrationsberaterin Elina Rähse. Die Deutschkenntnisse ihrer Klient*innen müssen schon weit fortgeschritten sein, um von der Online-Beratung einen Nutzen ziehen zu können. Hilfreich und zeitschonend ist sie dann insbesondere aber bei unkomplizierten Anfragen, für deren Klärung die Menschen sonst lange auf einen Termin hätten warten müssen.
Sollte es im Verlauf einer Online-Beratung notwendig werden, können auch Präsenztermine mit den Beraterinnen und Beratern vereinbart werden – oder auch umgekehrt. Diese Mischform aus klassischer face-to-face-Beratung und der Beratung unter Einsatz neuer Medien wird im Fachdiskurs unter dem Begriff Blended Counseling diskutiert. Beraterinnen und Berater sind sich uneinig darüber, ob virtuelle Beratung eine gleichwertige, aber effektivere Alternative zur traditionellen Präsenzberatung sein kann. Schließlich bietet der geschriebene Text viel Potenzial für Missverständnisse und schließt Menschen, die der deutschen Schriftsprache nicht mächtig sind, kategorisch aus. Abhilfe könnte da die Beratung per Video schaffen, deren Implementierung in die Caritas-Beratungsplattform bereits in Planung ist. Unbestritten bleibt jedoch, dass Blended Counseling dank der damit verbundenen Flexibilität, Bequemlichkeit und der fortschreitenden Digitalisierung des Alltags in der Zukunft immer mehr Raum einnehmen und zusätzliche Zugangswege für Hilfesuchende schaffen wird.
Zur Online-Beratungsplattform gelangen Sie über diesen Link:
www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung